amnesty international Gruppe 1060 (Gießen)

Action File Libyen (Hassan Nashnush)

Erfolg: Hassan Nashnush ist frei

Ende September 2002 war es soweit: Wir erhielten die Nachricht, daß Hassan Nashnush freigelassen wurde, mit ihm weitere 13 Gefangene, die von amnesty international betreut wurden. Wir freuen uns sehr und danken allen, die uns unterstützt haben.

Bereits im Jahre 2001 gab es Freilassungen aus Anlaß des 32. Jahrestages der Revolution. Angekündigt wurden diese, wie auch dieses Jahr, von der "Gaddafi International Foundation for Charity Association" (GIFCA), die von Saif al-Islam al-Gaddafi, einem Sohn von Colonel Mu'ammar al-Gaddafi, geleitet wird. Aus Anlaß des 33. Jahrestages in diesem Jahr wurden am 2. August 65 Freilassungen angekündigt. Diese Freilassungen werden nach offizieller libyscher Lesart nicht als Freilassung politischer Gefangener gewertet, da es letztere in Libyen nicht gebe.

Nach Medienberichten habe Colonel Mu'ammar al-Gaddafi gesagt, daß die, die jetzt noch im Gefängnis blieben, Beziehungen zur al-Qa'idah hätten und das diese von den libyschen Behörden genauso behandelt würden, wie Amerika die anderen [in Guantanamo Bay] behandeln würden im Sinne von, daß diese kein Recht hätten sich zu verteidigen und daß weder Verteidiger gestellt noch Menschenrechte beachtet würden [Nicht autorisierte Zitierung aus einer Amnesty International Presseerklärung vom 3. September 2002].

In diesem Zusammenhang muß betont werden, daß nicht alle von amnesty international seit vielen Jahren betreuten Gefangenen im Rahmen dieser Amnestie freigelassen wurden. amnesty international fordert die bedingungslose Freilassung für alle Gefangenen, die weder Gewalt angewendet noch zur Gewalt aufgerufen haben. In jedem Fall fordert amnesty international die Garantie grundlegender Rechte und die Beachtung internationaler Rechtsstandards.

amnesty international arbeitet weiter, um auch die noch einsitzenden Gefangenen freizubekommen.

Die Geschichte

Hassan Nashnush wurde im Mai oder Juni 1984 in Tripolis nach den Bab al-'Aziziya Zusammenstößen gefangengenommen. Er ist ca. 40 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Bab al-'Aziziya ist Muammar al-Gaddafis Residenz in Tripoli. Eine Oppositionsgruppe hatte 1984 offenbar einen Angriff auf diese Kaserne geplant.)

Vor seiner Verhaftung hat er, nach einem Studium in den USA, an der al-Fatah Universität von Tripolis gearbeitet. Berichten zufolge war er an den Zusammenstößen nicht beteiligt. Seine Verhaftung stand angeblich in Zusammenhang mit Mitgliedschaft oder Verbindungen zu einer Oppositionsgruppe.

Seit dieser Zeit saß er vermutlich im Abu Salim Gefängnis in Tripolis ohne Anklage oder Verfahren ein. Die Haftbedingungen dort sind offenbar entsetzlich. Im Juli 1996 wurde ein Aufstand wegen der Haftbedingungen gewaltsam beendet. ai glaubt, daß sich die Haftbedingungen seither noch verschlechtert haben. Medizinische Vernachlässigung und andere harte Bedingungen können als grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung betrachtet werden.

Unsere Forderungen lauteten

Wir bemühten uns, weitere Einzelheiten zu seinem Fall herauszubekommen, jedoch war dies gerade in Bezug auf Libyen sehr schwer. Wir forderten seine sofortige Freilassung, sofern nicht ein ordentliches Verfahren eingeleitet würde. Selbst wenn Anklage erhoben wird, mußte unverzüglich ein gerechtes Verfahren stattfinden. Nach über 18 Jahren konnte davon kaum mehr die Rede sein. Außerdem forderten wir, daß er Zugang zu seiner Familie, einen Rechtsbeistand und ausreichend medizinische Betreuung und Ernährung erhält.

Hintergrund

Obwohl Libyen Vertragsstaat wichtiger internationaler Menschenrechtsabkommen ist (z.B. Anti-Folter-Konvention, Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte/IPBPR), werden die Menschenrechte in Libyen nicht geachtet. Die libyschen Gesetze verbieten die Bildung politischer Parteien, sowie jede Kritik an der Revolution vom 1. September 1969, deren 30. Jahrestag das Land 1999 feierte.

Trotz der Freilassungen werden immer noch zahlreiche Inhaftierte ohne Anklage oder Verurteilung in Gewahrsam gehalten. Unfaire Gerichtsverfahren sind an der Tagesordnung: Weder gilt das Recht auf einen Anwalt nach eigener Wahl, noch das Recht, vor ein unabhängiges Gericht gestellt zu werden. Auch das Prinzip der Unschuldsvermutung bis zur Verurteilung gilt nicht. Während der Verhöre werden politische Häftlinge regelmäßig Folter und Mißhandlung ausgesetzt.

Die Todesstrafe wurde in Libyen entgegen den Bestimmungen des IPBPR, den Libyen unterzeichnet hat, nicht eingeschränkt, sondern sogar noch ausgeweitet. Außerdem gelten Kollektivstrafen für Familien und Stämme, miserable Haftbedingungen fuhren häufig zum Tod in der Haft von Gefangenen. Mysteriöse Todesfälle legen den Verdacht auf außergerichtliche Hinrichtungen nahe. Mehrere libysche Oppositionelle fielen vermutlich der Praxis des Vierschwindenlassens zum Opfer.

Verschiedene amnesty-Gruppen arbeiteten seit 1989 am Fall von Hassan Nashnush. Obwohl aus Libyen üblicherweise kaum Resonanz zu erwarten ist, wissen wir aus Erfahrungen in anderen Ländern, meist aus Erfahrungsberichten freigelassener Gefangener, daß unser Einsatz häufig Verbesserungen für die Betroffenen bringt.

Unsere Aktionen zu diesem Fall

Regulär besteht die Arbeit darin, in regelmäßigen Abständen Briefe an die Behörden des Ziellandes zu schreiben. Daüber hinaus wird die Arbeit in Schwerpunkten intensiviert.

Links

Nachfolgend eine Reihe von Links. Das Verweisen auf Seiten außerhalb der Verantwortung von amnesty international bedeutet keine offizielle Unterstützung der  dortigen Informationen. Einige Angebote sind sogar offensichtlich unkritisch. Sie können jedoch das Bild des Lesers ergänzen. Offizielle Informationen von amnesty finden sich in http://www.amnesty.de und http://www.amnesty.org.

(Seite zuletzt aktualisiert im November 2002)