Konzertlesung

IM AUGE DES JAGUARS

Die indianische Welt

Literatur & Musik mit Urs M. Fiechtner & Sergio Vesely

Das Buch "Im Auge des Jaguars" verbindet eine Folge literarisch abwechslungsreich gestalteter Kurzgeschichten und poetischer Prosaskizzen zu einem weit ausholenden Bogen über die lange Entwicklungsgeschichte indianischer Kulturen vor Kolumbus.

Auf der Grundlage alter Überlieferung und moderner historischer Forschung zeichnen Urs M. Fiechtner und Sergio Vesely ein facettenreiches Bild indianischer Weltsicht und beschreiben zentrale Episoden und Schlüsselmomente einer gut 30.000 Jahre - und eben nicht erst 500 Jahre - währenden Kulturgeschichte Amerikas.

Ihr Interesse gilt jedoch weder den schon endlos oft geschilderten Mythen des Weißen Mannes und seinem mal aufs sensationelle ('Das Gold der Inkas') oder profitable (dito) eingegrenzten Blick, noch der von wohlmeinenden Philosophen der (wiederum europäischen) Aufklärung inszenierten und bis heute anhaltend modischen Suche nach dem 'Edlen Wilden'. Ihr Interesse gilt vielmehr jenen Überlieferungen, historischen Ereignissen oder Personen, die stellvertretend für die Identität der erstgeborenen Amerikaner stehen und die das Entstehen und das Gedankengut der von Europäern fast vollständig zerstörten indianischen Zivilisationen verständlich und faßbar machen können.

Parallel zum Gang durch die Geschichte ist "Im Auge des Jaguars" auch ein Gang durch die literarischen Mittel und Wege der Prosa, die das Thema ermöglicht. Her wird Historie nicht um ihrer selbst willen erzählt - im Ton des Erzählers und Überlieferers schimmert immer wieder ein dauernder Bezug zur Gegenwart durch, mal in hintersinnig verschlüsselten Anspielungen, mal mit offener, vergnüglicher Ironie.

Für Konzertlesungen hat Sergio Vesely Elemente aus den Kurzgeschichten und Prosaskizzen Fiechtners vertont und mit Liedern nach Texten des indianischen Dichters Nezahualecóyotl aus dem 15. Jahrhundert ergänzt.

Aus den poetischen Erzählungen spricht weder die trockene Sehweise eines Geschichtsforschers noch die des 'edlen weißen Mannes'. Sie ist vielmehr durchdrungen von indianischer Weitsicht und Symbolik, die vermittelt wird durch die an der Geschichte Beteiligten, Leidtragenden. Unsentimental, jedoch auf subtile Weise ergreifend, wird lebendiges Erzählgut auf einem literarischen Bilderbogen aufgefädelt, der mystische Kraft verströmt. (Badisches Tagblatt)

"Anrührend authentisch." (Der Tagesspiegel)

"Ein geschichtlich, aber auch literarisch anspruchvolles Buch." (Stuttgarter Nachrichten)

"In dieser Konfrontation alter Kulturen mit dem Geist der modernen Zeit kann der Leser einen Schlüssel finden für ein besseres Verständnis von Historie und Lebensart der Menschen, die heute Amerikaner heißen." (Rheinische Post)

Die Autorengruppe 79

Die Autorengruppe 79 wurde 1976 von Urs M. Fiechtner gegründet. Schon im selben Jahr fanden die ersten Lesungen und Konzertlesungen statt, im Jahr darauf erschien das erste Buch.

Von Anfang an bilden Urs M. Fiechtner und Sergio Vesely den 'harten Kern' der Autorengruppe. Je nach geplantem Projekt arbeiten sie über einen mehr oder minder langen Zeitraum - gelegentlich auch über Jahre - mit anderen Autoren und Künstlern verschiedener Sparten zusammen, geben mit ihnen gemeinsame Publikationen heraus oder arbeiten mit ihnen auf der Bühne zusammen.

In ständig wechselnder Zusammensetzung ist die Autorengruppe ein lockerer, sowohl interdisziplinärer wie interkultureller Zusammenschluß sehr verschiedener Künstler, die aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlichen Mitteln an ein Thema herangehen; - und nicht allein mit literarischen: Malerei und Graphik, Fotographie und Musik gehören, jeweils in ihrer Verknüpfung mit Lyrik und Prosa, dazu. Auch beim kulturellen Hintergrund oder der Sprache ist der Perspektivwechsel - oder besser die gegenseitige Ergänzung aus den Blickwinkeln und mit den Stilmitteln unterschiedlicher Kulturtraditionen - sehr erwünscht.

Über die Autorengruppe, besonders über Fiechtner und Vesely ist oft geschrieben worden, ihre Zusammenarbeit sei "bereits im besten Sinne multikulturell und wie selbstverständlich" gewesen, lange bevor der Begriff in aller Munde war". Das mag sein, je nachdem, welche der vielen Bedeutungen des Wortes man gerade unterlegt. Doch für sich selbst und die Arbeit der Autorengruppe ziehen Fiechtner und Vesely den präziseren Begriff der interkulturellen Zusammenarbeit vor, der nicht die unkritische, gelegentlich ins beliebige rutschende Vermengung oder die schiere 'bunte Vielfalt' meint, sondern die pointiert gewählte Auseinandersetzung und den gezielten Dialog.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird geprägt -nicht allein, aber doch mit einem deutlichen Schwerpunkt - von der Verbindung zwischen Literatur und Musik. Fiechtner und Vesely haben die alte Tradition des Zusammenwirkens von Musik und Text, gesprochenem und gesungenem Wort auf ihre besondere, angenehm unspektakuläre und -auf das Wesentliche reduzierte Weise wiederaufleben lassen und ihr mit der Konzertlesung einen Begriff gegeben, der heute von vielen Autoren und Musikern verwendet wird. Das einander ergänzende und kommentierende Miteinander von Literatur und Musik findet nicht nur auf der Bühne statt, sondern spiegelt sich auch in einer Reihe von (Platten-) Veröffentlichungen wieder; so sind viele Gedichte Fiechtners von Sergio Vesely, Dieter Trieß, Markus Munzer-Dorn und anderen Lieder verwandelt worden, auch einige der Konzertlesungen von Fiechtner & Vesely gibt es inzwischen auf CD.

Bei alledem versteht sich, daß die Autorengruppe nicht mehr ist als ein sehr lockerer Rahmen um die punktuelle Zusammenarbeit von Künstlern, die ansonsten ihre eigenen Wege gehen. Die künstlerischen Unterschiede und nicht etwa die Gemeinsamkeiten sind es, die den Reiz der Zusammenarbeit ausmachen. Dennoch sind einige Gemeinsamkeiten unter den Autoren offensichtlich: sie konzentrieren sich auf das Wesentliche und stellen bei ihrer Arbeit an jeder Veröffentlichung Thema, Form und Inhalt in den Vordergrund. Alles andere tritt in den Hintergrund zurück die Person des Autors ebenso wie das (fürs ökonomische Überleben nicht ganz unwichtige) kommerzielle Interesse einer Publikation. Gemeinsam ist ihnen sicher auch eine gewisse freundliche Skepsis gegenüber den Usancen des Kulturbetriebs - da halten sie sich weitgehend heraus - und eine eher deftige Skepsis gegenüber den Forderungen irgendeines Zeitgeistes. Sich selbst nehmen sie nicht so wichtig - ihre Themen aber um so mehr, und daher ist es für sie ganz natürlich, mit einem Teil ihrer Arbeit andere zu unterstützen: nicht wenige ihrer Veranstaltungen und Publikationen kommen Projekten von Menschenrechtsorganisationen oder Kulturinitiativen zugute.

Ansonsten hält sich die Autorengruppe mit programmatischen Vorstellungen zurück. Dies gilt übrigens auch für den Namen: in (selbst-) ironischer Anspielung auf die Bedeutungshuberei vieler ähnlicher Projekte jener Zeit hängten die Autoren ihrer Gruppe einfach die banalste und zugleich pragmatischste Zahl an, die ihnen einfiel: eine Postleitzahl, und zwar die (damalige) ihrer Postadresse in Ulm. - Und amüsierten sich jahrelang damit, neugierigen Fragestellern die tiefsinnigsten Interpretationen aufzutischen...

Urs M. Fiechtner

Urs M. Fiechtner, geboren 1955 in Bonn, gehört zu den wenigen Schriftstellern seiner Generation, die sich von Anfang an - also ohne den Umweg über einen "Brotberuf" - der Literatur verschrieben haben.Er wuchs in Chile heran, spielte dort auf Kindergeburtstagen Sackhüpfen mit Offizieren, die später zu Kommandeuren von Folterzentren avancieren sollten und legte sich im Alter von sieben Jahren darauf fest, später "entweder Schriftsteller oder Indianer zu werden".

Das mit dem Indianer hat nicht geklappt.

Zurück in der Bundesrepublik, flog er in kurzen Abständen von mehreren Schulen - erst wegen seiner Abneigung gegen rechtsradikale Lehrer, zuletzt wegen einer wachsenden Abneigung gegen die Schule an sich - machte seinen Zivildienst, gründete 1976 die interkulturelle Autorengruppe 79 und gab mit 21 Jahren sein erstes Buch heraus : eine Lyrikanthologie über Freiheit und Zivilcourage, die zu seiner eigenen Überraschung sofort ein Erfolg wurde. Seitdem sind zahlreiche Lyrikund Prosabände erschienen, viele davon in Zusammenarbeit mit Sergio Vesely oder anderen Mitarbeitern der Autorengruppe.

Fiechtners Veröffentlichungen zeigen ein in Formen und Themen weit gefächertes Spektrum, das gleichermaßen eine sehr vielseitige Lyrik wie Prosa umfasst und bis hin zu Interpretationen indianischer Oberlieferungen, historischen Erzählungen, dokumentarischen Skizzen, Satiren, Übersetzungen, Jugendbüchern oder Literatur-&-Musik-Aufnahmen reicht. Den Schwerpunkt seiner Arbeit legt er auf die Lyrik und auf den variantenreichen Umgang mit Formen der Kurzprosa, schreibt jedoch auch viele Jugendbücher, von denen schon sein erstes ("Annas Geschichte") viele Literaturpreise erhielt, in mehrere Sprachen übersetzt wurde und mittlerweile als Klassiker gilt i - obwohl er, wie er sagt "eigentlich nicht weiß, was ein Jugendbuch ist..." Vielleicht werden sie gerade deshalb von Jugendlichen ebenso gerne gelesen wie von Erwachsenen.

Fiechtner kann bei seiner Arbeit auf zwei Sprachen und zwei Kulturkreise zurückgreifen. Der stilistische Reichtum lateinamerikanischer Poesie steht ihm ebenso zur Verfügung wie die präzisen Gestaltungsmittel der deutschsprachigen Literatur, er bleibt weder den Grenzen der einen noch der anderen Sprache verhaftet und hat damit zu einem unverkennbar eigenen Stil gefunden, der Bilderkraft und Präzision miteinander vereint ( Jean Amery über Fiechtner: "Hier wird das Wort selbst Ereignis,- und zwar nicht nur als Wort, sondern als einbrechendes Geschehen.").

Ebenso interessant wie der literarische Brückenschlag zwischen Formen und Kulturen ist für Fiechtner die Verbindung von Literatur und Musik. So entstand in der Zusammenarbeit mit Sergio Vesely die Konzertlesung als symbiotische Einheit aus Lyrik und Lied, Prosa und Musik, aus dem gesungenen wie dem gesprochenen Wort. Sie ist heute, nach ungezählten Auftritten überall im deutschsprachigen Raum, zu einem festen, längst auch von anderen Künstlern übernommenem Begriff geworden.

Fiechtners Konzertlesungen und Autorenlesungen brachten ihm den Ruf eines herausragenden Vorlesers ein, der "das oft bestätigte Vorurteil widerlegt, daß man Dichter nicht ihre eigenen Werke lesen lassen soll." (WAZ) Nicht wenige seiner Lesungen finden inzwischen in Schulen statt, da manche Texte und Bücher vielerorts Eingang in den Unterricht gefunden haben ( -einen anständigen Schulabschluß hat er aber trotzdem noch nicht ... ).

Viele seiner Bücher - auch die Jugendbücher beruhen auf Dokumentarmaterial aus aller Welt und befassen sich mit zeitgeschichtlichen Themen, die ihn nicht allein als Schriftsteller, sondern schon seit seiner Schülerzeit als ehrenamtlichen Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen beschäftigen. Die Freiheit, das Recht, die Würde, die Identität und Integrität des Menschen - das sind seine Themen, über die er in vielgestaltigen Formen und weit jenseits von Larmoyanz oder Bitterkeit immer wieder geschrieben hat und immer wieder schreiben wird.

Mehr unter www.autoren-bw.de

Sergio Vesely

Sergio Vesely wurde 1952 als Enkel böhmischer Einwanderer in Santiago de Chile geboren. Seine ersten musikalischen Erfahrungen sammelte er als Achtjähriger mit Tiroler Melodien auf dem Akkordeon, das er jedoch schon bald gegen eine Gitarre austauschte, um chilenische Volkslieder zu singen. Mit 16 legte er die Gitarre vorläufig beiseite, machte einen Abstecher zum Schwimmsport und gewann mehrere nationale Meisterschaften. Mit 18 mischte er sich in die Politik ein, begann zu studieren und wurde wenige Monate nach der gewaltsamen Machtübernahme des Militärs unter Pinochet aus politischen Gründen verhaftet. Seine ersten Lieder, Gedichte und Zeichnungen entstanden während der fast zweijährigen Haft in verschiedenen Konzentrationslagern, Verhörzentren und Gefängnissen der Militärdiktatur

1976 wird er aus Chile verbannt und erhält Asyl in der Bundesrepublik, deren Staatsbürgerschaft er zehn Jahre später annehmen wird. Schon kurz nach seiner Ankunft veröffentlichte er seine ersten Gedichte in deutscher Sprache in der ersten von Urs M. Fiechtner herausgegebenen Anthologie der interkulturellen Autorengruppe 79. Vesely und Fiechtner arbeiten seitdem eng zusammen ; viele ihrer Bücher wurden aus einander ergänzenden Texten beider Autoren zusammengestellt oder - ungewöhnlich in der Belletristik - gemeinsam geschrieben.

Eine besonders interessante Folge dieser Zusammenarbeit ist die von beiden entwickelte Konzertlesung, in der sie mit unspektakulären, auf das Wesentliche reduzierten Mitteln Musik und Literatur zu einer Einheit verbinden und mit der sie als ungewöhnlich erfolgreiches (und ungewöhnlich beständiges) literarisch-musikalisches Duo bekannt wurden.

Seit Ende der siebziger Jahre sind bisher 15 Langspielplatten und CDs erschienen, die Vesely teils als Sollst, teils gemeinsam mit befreundeten Musikern aufgenommen hat und die eine überraschend große Bandbreite musikalischer Stilrichtungen wiederspiegeln, die in die Kategorie des "Lateinamerikanischen Exilkünstlers" ebenso wenig passen wollen wie in die des "Deutschen Liedermachers" als Komponist, Gitarrist und Sänger (und auch sonst) ist Vesely eine Kategorie für sich...

Unter seinen Platten finden sich eine sehr sorgfältig ausgestattete Edition seiner in der Gefangenschaft geschriebenen Lieder ("Documento") ebenso wie drei deutschsprachig besungene MCs mit höchst skurrilen Kinderliedern ("Lieder nicht nur für Kinder" / "Bei Dir zuhause" / "Lieder so wie das Leben" ) und eine Auswahl von Kinderliedern auf CD ("Lieder für Klein und Groß"), oder eine Reihe von CDs mit vertonten Gedichten Deutscher Klassiker wie Heine, Brecht. Mörike, Goethe und anderen ("Alles Goethe, oder was ?!") , oder sein gesungenes Bekenntnis zur schwäbischen Leitkultur mit Gedichten bekannter und unbekannter südlicher Dichter "Schwabenserenade eines Hinterweltlers", oder eine Hommage an die Bürgerliche Revolution von 1848 mit vertonter Lyrik des Vormärz ("Schlafe, mein Deutschland"), oder CI)s mit in Liedform gebrachten Gedichten von Flechtner '("Notizen vor Tagesanbruch" / "Der Dichter") oder ein nach Art der Konzertlesung kombiniertes Literatur-&-Musik-Album (Benefiz-CD für amnesty international "Künstler für Menschenrechte U).

Sergio Vesely ist ein ausgesprochenes Multitalent. Er gilt als brillanter Gitarrist und Sänger, wurde als Komponist ebenso rasch bekannt wie als Autor, ist als Grafiker, Maler und Objektkünstler in Ausstellungen zu sehen, arbeitet hier und dort bei Film und Fernsehen, Theater und Rundfunk mit, stattet Gedichtbände von Fiechtner und anderen Autoren mit Illustrationen aus, macht Konzerte und Kinderkonzerte und Konzertlesungen und Workshops, streitet mit Deutschlehrern über das Wesen der Poesie - und hat mit allem, was er anfaßt, sofort Erfolg.

Mehr unter www.schwabenpower.de/vesely